Bezirksliga Süd, 2. Spieltag 2000/2001
ESV Lok Meiningen - TSV Benshausen   4:4

Optimistisch ging der ESV Lok an seine zweite Saisonaufgabe gegen Aufsteiger Benshausen zu Werke. Trotz Ausfall der Stammspieler Grube und A. Lehmann sollte ein Sieg im Bereich des Möglichen liegen.
Verheißungsvoll verlief auch der Beginn der Partien. Keine Partie sah nach dem Ende der Eröffnungsphase gefährdet aus, auch an den Brettern, in den Meiningen die schwarzen Steine führte, waren kaum Gefahrenpunkte auszumachen.
Bereits nach 2 Stunden konnte P. Lehmann an Brett 3 den ersten Punktgewinn vermelden. Sein sehr passiv eingestellter Gegner schien trotz weißer Figuren und dem damit verbundenen Anzugsvorteil nur auf eine Punkteteilung hinaus. Er versuchte, durch möglichst schnellen Abtausches der Figuren die Partie zu vereinfachen, ließ jedoch Lehmann damit die Chance, sich der wichtigen offenen Linien im Zentrum mit den Schwerfiguren zu besetzen. Im Bemühen diesen Nachteil wieder wettzumachen, übersah er, daß Lehmann bereits einen gefährlichen Königsangriff in petto hatte. Nach einem ungenauen Zug konnte Lehmann mit Hilfe eines Scheinopfers die gegnerische Stellung zertrümmern und seinen deprimierten Gegner bereits nach 22 Zügen matt setzen. In dieser Zeit entwickelte sich auch die Partie von Vera Latka sehr erfreulich. Ebenfalls mit den schwarzen Steinen agierend, riskierte sie mutig einen riskanten Königsangriff inklusive Figurenopfer, der offenbar auf den Gegner großen Eindruck hinterließ. Er vermied eine mutige Gegenvariante, die ihn offenbar noch hätte retten können, entschied sich lieber für eine passive Verteidigung und wurde dabei förmlich erdrückt. Währenddessen mußte Müller an Brett 2 gegen seinen sich korrekt
verteidigenden Widerpart in ein Remis einwilligen. Kurze Zeit später strecke Latkas Gegenspieler die Waffen.
Somit stand es 2,5:0,5 bei noch 5 laufenden Partien. An den Brettern 7 und 8 hatten derzeit die beider Ersatzspieler Scheftlein und Walter einen schweren Stand. Scheftlein hielt lange gegen seinen formell wesentlich höher eingestuften Gegner mit und verteidigte sich geschickt. Leider unterlief ihm kurz vor der Zeitkontrolle ein schwerwiegender Mißgriff, der die Dame und damit auch die Partie kostete. Walter wählte nach dem Ende der Eröffnungsphase eine etwas zu passive Partiestrategie und kam im Lauf der Zeit immer mehr unter Druck. Nach dem Verlust von zwei Bauern versuchte er, offensiv die Partie zu retten. Leider konnte sein Gegner diese Versuche parieren und die Partie gewinnen.
Am Brett 1 hatte Jörges mit den schwarzen Steinen in seiner gesamten Partie leider nicht die Möglichkeit in Vorteil zu kommen. Wie schon Lehmanns Gegner hatte auch hier der Besitzer der weißen Steine nur im Sinn, kein Risiko einzugehen und ein Remis zu sichern. Er stellte sich hier allerdings geschickter an als sein Mannschaftskamerad. Dadurch ist es für den Führer der schwarzen Figuren sehr schwer, eigene Gewinnideen zu entwickeln. Enttäuscht mußte Jörges die Punkteteilung akzeptieren.
Damit stand es überraschenderweise 3:3 und die letzten beiden Partien mußten die Entscheidung bringen. Rößner an Brett 4 hatte nun mittlerweile seit 4 Stunden seinem Gegner schwer zugesetzt. Ständig konnte er den Druck auf den schwarzen Königsflügel verstärken und damit Schwächen in der gegnerischen Stellung erzeugen. Dies dürfte auch die Ursache sein, daß sein Gegenüber die sich zwischenzeitlich kurz bietende Chance, durch Figurenabtausch sein Schicksal zu erleichtern, übersah.
Nachdem Rößner schließlich mit 2 Leichtfiguren ins gegnerische Hinterland eindringen konnte, brach das schwarze Verteidigungsbollwerk wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Mit diesem Punktgewinn brauche Semisch an Brett 6 nur einen halben Punkt, um den Mannschaftssieg noch sicherzustellen. Hier hatte sich ein interessantes Geschehen entwickelt. Semisch hatte mit furiosem Angriffsspiel und doppeltem Bauernopfer versucht, seinen Widersacher frühzeitig zu beeindrucken. In einer wilden Partie wurden alle Leichtfiguren abgetauscht. Die entstandene offene Stellung war für die verbliebenen Schwerfiguren Dame und Türme wie geschaffen. Semisch war es gelungen, den feindlichen König aus der sicheren Ecke herauszujagen und mit seinen Figuren zuzusetzen. Mit seinem eigenen König konnte er sich sicher hinter einem Bauernbollwerk verstecken. Der
Preis für diese Annehmlichkeiten war, daß die gegnerischen Mehrbauern schon weit vorgerückt waren und drohten, sich in Damen umzuwandeln. In dieser schwierigen Stellung nach mittlerweile schon fast fünfstündiger Spielzeit mußte nun die Entscheidung fallen. Leider sollte Semisch nun zum tragischen Helden des Spieltages werden. Mit einem feinen, stillen Zug und einem anschließenden Bauernopfer hätte er um den gefährdeten König ein Mattnetz spinnen können. Nur unter Opfer der gegnerischen Dame wäre ein Matt zu verhindern gewesen. Leider hatte er mit seinem ähnlichen Plan, in dem der Bauer ebenfalls geopfert wurde, einen starken Gegenzug seines Gegners übersehen. Somit konnte er zwar mit Damenabtausch einen der gefährlichen Freibauern zurückgewinnen und in ein schlechteres, aber nicht unbedingt gutes Endspiel einlenken. Besonders tragisch war hierbei, daß auch Remis durch Dauerschach möglich gewesen wäre. Nach diesem kräftezehrendem Mittelspiel war zu erwarten, daß das komplizierte Endspiel durch einen Fehler eines der Konkurrenten beendet werden würde. Leider kam Semisch nach einem unnötigen Zwischenzug in Zugzwang und mußte den gegnerischen König in seine Stellung eindringen lassen. Mit dieser Unterstützung gelang Schwarz dann die Umwandlung seines Bauern in eine Dame und so der Sieg.
Damit stand es 4:4 und beim Gegner war der Jubel groß. Lange Gesichter dagegen bei den Lokspielern. Sollte im weiteren Verlauf der Saison noch ein solch leichtfertiger Punktverlust erfolgen, könnten die Aufstiegsträume schneller der Vergangenheit angehören als befürchtet.
Bereits die nächsten beiden Runden gegen Trusetal und anschließend Mitfavorit Suhl sind hier richtungsweisend.

Peter Lehmann