Bezirksliga Süd, 5. Spieltag 2002/03

SG Trusetal - ESV Lok Meiningen   2 : 6

In Stammaufstellung antretend hatte sich die Loktruppe in Trusetal einen sicheren Sieg vorgenommen. Jedes andere Ergebnis hätte die Suhler Konkurrenz schier uneinholbar davon ziehen lassen. Mit entsprechenden Engagement wurde die Sache dann auch angegangen, obwohl alle ziemlich durchfroren waren, da die Meininger aus (unbegründeter) Glatteisangst eine halbe Stunde vor dem Trusetaler Spiellokal auf den Schlüsselverantwortlichen warten mußten.
Bereits nach zwei Stunden boten sich dem Betrachter recht erfolgversprechende Stellungen. Müller an Brett 1 hatte es mit einem sehr aufmerksamen Gegner zu tun, der nicht wie im Vorjahr in einer dramatischen Endspielschlacht noch unter die Räder kommen wollte und dadurch eine nicht gerade sehr spannende Stellung zuließ. Der frühzeitige Friedensschluss war damit folgerichtig. Peter Lehmanns (2) Kontrahent war aufgrund früherer schlechter Erfahrungen trotz weißer Steine auch sehr friedfertig eingestellt. In der Einengungsvariante der französischen Verteidigung bot er sehr früh den Damentausch an, der zwar zur Entfernung dieser mächtigen Figuren führte, aber dem Weißen sogleich einen Nachteil in der Bauernstruktur einbrachte. Lehmann nahm diesen Tausch dankend an, hatten sich damit doch interessante Angriffspunkte ergeben. Sein Bruder Axel bemühte sich ebenfalls um Angriff. Sein Übergewicht im Zentrum "bezahlte" er mit einem unrochierten und damit etwas schutzlosen König. Dies sollte ihm später auch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Jörges (4) hatte wieder einmal die unangenehme Aufgabe, mit Schwarz einen sehr defensiv eingestellten Gegner aus der Reserve zu locken. Entsprechend zäh begann auch die Partie. Jan Grube (5) "zauberte" wieder einmal eine sehr undurchsichtige Stellung aufs Brett. In diesem Stellungstyp fühlt er sich wohl und auch an diesem Tag sah alles wieder sehr verheißend aus. Ein etwas ungutes Gefühl hatten seine Mannschaftskameraden nur, als beim Blick auf die Bedenkzeiten der Verbrauch selbiger wieder einmal deutlich zu Ungunsten des Meiningers ausfiel, was ihm im Lauf der Jahre schon oft den Lohn der Mühe gekostet hatte. Rößner (6) konnte seinem jungen Gegner frühzeitig eine Figur abluchsen und ging seine Aufgabe zu dieser Zeit sehr entspannt an - zu entspannt, wie sich später heraus stellen sollte. Latka (7) gelang es ebenfalls, eine druckvolle Stellung aufzubauen. Ihr Kontrahent konnte bald kaum noch einen vernünftigen Zug finden. Als Krönung wäre der Gewinn einer Leichtfigur gegen einen Bauern möglich gewesen. Latka sah jedoch Gespenster und verzichtete auf diesen vorteilhaften Tausch. Joachim Grube (8) hatte es ebenfalls mit einem Nachwuchsspieler zu tun. Hier ist seit letzten Spieltagen schon ein deutlicher Aufschwung zu verzeichnen. Dass damit auch ein steigendes Selbstbewusstsein verbunden ist, bewies der ruhige und überlegte Stellungsaufbau, der seinem jungen Gegenüber die Geduld raubte. Schließlich mündete diese Ungeduld gar darin, daß dessen Dame einen weiten Ausflug in Grubes Hälfte machte, um ein Bäuerchen zu vertilgen. Durch ein Abzugsschach, bei welchem Grube seinen Läufer opferte, konnte er die schutzlose Königin seines Gegners fangen und brachte mit dieser schönen Aktion Meiningen Punkt Zwölf Uhr Mittag in Führung.
Währenddessen konnte P. Lehmann seinen Angriffsdruck Stück für Stück erhöhen und seinen Gegner mehr und mehr ins Schwitzen bringen. Nach dem Gewinn eines Bauern und der Drohung, sich noch weitere einzuverleiben, verlor sein mittlerweile sehr lustlos gewordener Gegner ganz den Überblick und einen Springer. Damit führte Lok bereits mit 2 Punkten. Bei A. Lehmann sah es zwischenzeitlich nicht mehr so gut aus. Bei seinem Bemühen, die letzte Leichtfigur mit guter Stellung abzutauschen, übersah er, daß der Trusetaler Spieler diese Figur einfach ignorieren und mit Bauernschach Lehmanns Stellung ziemlich zertrümmern konnte. Lehmann selbst sah da seine Chancen schon fast am Nullpunkt. Doch die große Zahl an verheißungsvollen Angriffsmöglichkeiten mit schwer berechenbaren Ausgang ließen seinem Gegner nicht die besten Züge finden. Zwar schaffte er es, Lehmanns König über das halbe Feld zu jagen und in seiner eigenen Hälfte auf der h-Linie unentrinnbar einzukesseln, jedoch sollte er noch 2 Züge benötigen, um diesem endgültig den Garaus zu machen. Diese Frist konnte Lehmann tatsächlich nutzen, um mit seinen Schwerfiguren und der übrig gebliebenen Leichtfigur einen Gegenangriff zu starten und seinen tief deprimierten Gegner matt zu setzen.
Bereits kurz darauf war die Begegnung zugunsten von Lok entschieden. Vera Latka mußte sich dank der am Morgen verschmähten Figur bis ins Endspiel bemühen, konnte dank Ihrer Erfahrung dort aber Vorteile erringen und schließlich den Punkt einfahren. Doch es sollte noch besser kommen. Jan Grube überzeugte trotz Zeitnot, indem er mehr Übersicht an den Tagen legen konnte. Auch hier mußte der Trusetaler die Waffen strecken. Beim Zwischenstand von 5,5 : 0,5 schien sich gar ein Meininger Kantersieg anzudeuten, doch mit den beendeten Partien endete leider auch die Meininger Siegsträhne. Jörges versuchte zwar alles, doch ein Einbrechen in des Gegners Stellung wäre im Endspiel zu riskant gewesen. Sein Remisangebot wurde gerne angenommen.
Den Ehrentreffer "gönnte" Rößner seinem Kontrahenten. Durch den zeitigen Figurengewinn fiel er einer trügerischen Siegessicherheit zum Opfer, wie sie auch in anderen Sportarten ebenso gerne einkehrt. Er unterschätzte die Zähigkeit und Hartnäckigkeit seines jungen Gegenüber und mußte die Figur samt einen Bauern zurückgeben. Er kämpfte zwar anschließend verzweifelt um das Remis, konnte den Materialverlust aber nicht mehr wettmachen. Mit dem überzeugenden Sieg konnte Lok den Vorsprung der Suhler in der Tabelle wenn schon nicht verkürzen so doch wenigstens gleich halten. Der zweite Tabellenplatz ist der Lohn.
Die zweite Mannschaft konnte ihre letzten Höhenflüge leider nicht fortsetzen. Bei Suhl III unterlag sie knapp und
unglücklich mit 4,5 : 3,5. Fast wäre hier sogar der Sprung an die Tabellenspitze möglich gewesen.

Peter Lehmann