6. Spieltag 2007/08

Bezirksliga Süd: ESV Lok Meiningen – TSV Benshausen 6,5:1,5
Bezirksklasse Süd: ESV Lok Meiningen II - TSV Benshausen II 5:3
Kreisliga Meiningen: TSV Benshausen III - ESV Lok Meiningen III 2:2

Der Zufall wollte es, dass alle drei Meininger Vertretungen auf die jeweils passende Gegenmannschaft aus Benshausen treffen sollten. Dabei rechneten sich die Meininger überall gute Chancen auf ein erfolgreiches Abschneiden aus, wohl wissend, wie spannend die Begegnungen in der Vergangenheit meist verliefen. Besonders die erste Mannschaft brannte auf die Partie, da der Stachel der Niederlage gegen Vacha eine Runde zuvor noch tief saß. In der Vorwoche gab es noch Befürchtungen auf Ausfälle, die sich glücklicherweise jedoch nicht bewahrheiteten. Rößners geplanter Auslandsaufenthalt verschob sich und Webel meldete sich überraschenderweise sehr munter aus dem Krankenstand zurück. So nun also in Bestbesetzung, sollte ein überzeugender Sieg gegen den punktgleichen Tabellennachbarn der Konkurrenz deutlich signalisieren, dass der ESV noch nicht gewillt war, die Hoffnung auf einen Aufstieg in die Landesklasse zu begraben.
Lehmann (Brett 1) hatte es mit seinem langjährigem Rivalen Lapp zu tun. Frisch von einer heftigen Grippe genesen hatte Lehmann sich vorgenommen durch ein schnelles Remis das Risiko einer Niederlage zu minimieren, anstatt die traditionell gegen diesen Gegner übliche Partielänge von fünf Stunden und länger auszukosten. Doch die Rechnung hatte er ohne den Benshäuser gemacht, der sehr dynamisch damit begann, einen Königsangriff zu starten. Lehmann verzichtete somit gleich auf das Remisangebot. Rößner (2) hatte es mit einem sehr starken und unangenehmen Gegner zu tun. Dieser begann auch sehr schwungvoll, so dass Rößner recht schnell an einer schwierigen Stellung zu brüten hatte. Grube (3) und Jörges (4) kamen gut in ihre Partien. Beide konnten optimistisch ins Mittelspiel starten. Von Otte (5) hatte mit Leyh einen Gegner, den die Meiniger gut kennen, spielte Leyh doch auch schon für die Theaterstädter. Wissend um die stets gute Vorbereitung des Benshäusers wählte von Otte früh eine weniger bekannte Eröffnungsvariante, um nicht Opfer einer vorbereiteten Strategie zu werden. Eine gute Entscheidung, denn schon nach kurzer Zeit hatte Leyh viel zu rechnen. Spannung zu erwarten war auch an Brett 6. Webel traf mit Dr. Lüders auf einen bekannt zähen Gegner. Entsprechend kompliziert entwickelte sich auch die Stellung. Beide Kontrahenten verbrauchten frühzeitig relativ viel Zeit. Hier war eine schnelle Entscheidung nicht zu erwarten. Weiß (7) kam gut aus der Eröffnung und konnte bald Druck entwickeln. Mit dem falschen Bein aufgestanden war wohl dagegen Welsch (8). Von der Papierform her deutlich überlegen, misshandelte er die Eröffnung, verlor bald einen Bauern und durfte dafür auch noch die schlechtere Stellung verwalten. Doch der Ärger über sich selbst motivierte Welsch. Er kämpfte und konnte seine Chancen wieder etwas verbessern. Anschließend platzierte er genau im richtigen Moment ein Remisgebot. Sein mittlerweile verunsicherter Gegner ging auf Nummer sicher und nahm das Angebot an. Nach dem misslungenen Start durchaus eine positive Entwicklung.
Hoch her ging es da schon am ersten Brett. Der Benshäuser steigerte seine Angriffsbemühungen. Lehmann hielt seine Verteidigung für leistungsfähig genug, nebenher angenehmen Nebenbeschäftigungen nachzugehen. Auf dem vernachlässigtem Damenflügel wurde zur Bauernjagd geblasen und erst ein und nach einer Weile ein zweiter Bauer genüsslich verspeist.
Bis zur Mittagszeit stellten sich einige Weichen. Rößner hatte sich gut aus den Schwierigkeiten der Eröffnung befreien können. Seinem starken Mittelfeld hatte der Benshäuser eine Bauernmehrheit am Damenflügel dagegen zu setzen. Rößner beschloss, hier anzugreifen. Grube hatte sich leichte Stellungsvorteile erspielen können. Der Gegner war eingeengt und die einzige offene Linie war fest in Grubes Hand. Doch da sich neben den beiden Turmpaaren und einigen Bauern nur noch ungleichfarbige Läufer auf dem Brett befanden, deutete alles auf ein Remis hin. Jörges dagegen stand zu diesem Zeitpunkt schon glatt auf Gewinn. Auf die Rochade verzichtend, drohte Jörges im Zentrum einen Bauern zu gewinnen. Dem begegnete sein Kontrahent mit einem Abtausch und übersah dabei die weitere Absicht von Jörges. Der fehlende Bauer hatte nunmehr eine Diagonale auf das schwache Feld f7 geöffnet. Die einzige deckende Figur, ein Springer, wurde von Jörges einfach weggeschlagen. Dass der Benshäuser diese nun nicht wieder zurück schlug, sondern versuchte, mit der großen Rochade seinen König zu retten, war nur noch als Verzweiflung zu werten.
Den ersten ganzen Zähler für Meiningen konnte jedoch von Otte setzen. Mit vielen kleinen strategischen Nadelstichen hatte er den kampfstarken Leyh langsam, aber sicher in die Defensive gedrängt. Nachdem eine Leichtfigur gefallen war, gab Leyh auf. Nun ging es Schlag auf Schlag. Jörges verwandelte eiskalt seinen Materialvorteil und siegte sicher. Kurze Zeit später schien es noch einmal spannend zu werden. Rößner hatte sich tatsächlich mit der Dame auf Bauernjagd gemacht. Offenbar unterschätzte er dabei die Kreativität seines Kontrahenten. In einer sehenswerten Kombination opferte dieser seine letzte Leichtfigur und legte so Rößners König bloß. Dem folgenden Mattangriff konnte Rößner nicht mehr parieren. Zu diesem Zeitpunkt dachte noch niemand daran, dass dieser „Anschlusstreffer“ zum 2,5:1,5 schon das Ende aller Benshäuser Punkteambitionen sein sollte. Weiß stellte nur wenige Minuten später den alten Abstand wieder her, als er im Turmendspiel einen Bauern sicher verwertete.
Danach sollten die unglücklichen Benshäuser eine Stunde Verschnaufpause erhalten. Grubes Gegner kam beim remisverdächtigen Hin- und Herlavieren plötzlich auf die Idee, mit seinem König auf die dritte Reihe zu marschieren. Grube konnte seinen Augen kaum trauen. Genussvoll klemmte er den König dann ab, um einen ganzen Turm und damit die Partie zu gewinnen.
Lehmanns Gegner, mittlerweile in Zeitnot, versuchte mit Damenmanövern die Zeitkontrolle zu schaffen. Fast hätten bei Lehmann die Grippenachwirkungen doch noch einen Rückschlag erzielt. In der Hoffnung, die Partie schnell beenden zu können, ließ die Konzentration für einen Augenblick nach. Lehmann machte einen Bauernzug, der sofort selbigen kostete. Doch der Adrenalinschock nach dem Fehler mobilisierte Lehmann wieder. Er spielte anschließend korrekt weiter. Und nach 5,5 Stunden war es endlich soweit. Lehmanns letzter Bauer war auf dem Weg zur Dame nicht mehr aufzuhalten und somit der nächste Punkt gesichert. Schließlich krönte Webel den ganzen Wettkampf noch, als er nach fast sechs Stunden Spielzeit ein kompliziertes Damenendspiel mit Geduld und Akribie zum Sieg führte.
Das grandiose Endresultat von 6,5:1,5 fiel sicherlich etwas zu hoch aus, doch die Souveränität, mit der die Meininger die schwierige Begegnung so dominierten, war bemerkenswert.
Am Abend dann kam dann gar noch Festtagsstimmung auf. Tabellenführer Suhl patzte in Steinbach, als gegen nur sieben Gegner gerade einmal ein mageres 4:4 heraussprang. Noch ärger traf es die bis dato punktgleichen Vachaer, die gegen Schmalkalden gar eine 3,5:4,5-Heimniederlage quittieren mussten. Somit zog der ESV Lok Meiningen mit der besseren Brettwertung an Suhl vorbei und hat die Tabellenführung zurückerobert. In den letzten drei Spieltagen ist nun ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen zu erwarten.
Meiningen II wollte da nicht nachstehen und siegten ebenfalls souverän. Schmidt, Latka und Grube sen. glänzten mit jeweils einem vollen Punkt. Seifert, Hartmann und Hocke steuerten jeweils ein Remis zum hervorragenden 5:3-Endresultet bei. Die dritte Vertretung musste nach Benshausen reisen. Auch hier erzielte die Nachwuchstruppe ein tolles 2:2 gegen die gestandenen Haudegen der Gastgeber.