Schach, Spieltag 1
Landesklasse West:    ESV Lok Meiningen I - SV WBS Eisenach 4,5 : 3,5
Bezirksklasse Süd:      ESV Lok Meiningen II - ESV Lok Meiningen III 6,5 : 1,5

Voller Ungeduld hatten die Meininger Schachspieler die neue Saison herbei gesehnt. Soll doch der dritte Aufstieg in die Landesklasse nach 1997 und 2004 endlich nicht wieder die sofortige Rückkehr in die Bezirksliga bedeuten. Durch die hochwertigen Neuzugänge, dem Thüringenligaerfahrenem Werner Kunath und dem neuen Aushängeschild Großmeister Thomas Pähtz, herrschte Optimismus, auch gegen den letztjährigen Tabellenzweiten Eisenach bestehen zu können. Zugunsten der Meininger sprach auch, dass Eisenach durch den Abgang seines zweiten Brettes nicht mehr so stark wie im Vorjahr sein sollte.
Doch wie so oft holte die Realität die schöne Theorie erst einmal ein. Nach ausgeglichenem Start ohne bemerkenswerte Vorteile für eine der beiden Mannschaften entwickelte sich das Treffen recht dynamisch in eine für Lok sehr unerfreuliche Richtung. Kunath (Brett 5) geriet in eine Variante mit Eigendynamik, die seinem Gegenüber einen schwungvollen Angriff ermöglichte. Kunath meinte, dem Aufrollen seines Königsflügels mit einem Leichtfigurenopfer gegen zwei Bauern begegnen zu können. Der Eisenacher verstand es jedoch, den Materialvorteil zu nutzen und Kunath zur Aufgabe zu zwingen. Fast zeitgleich gelang es Grube (7), seinem ebenfalls auf dem Königsflügel angreifenden Kontrahenten auf Abstand zu halten. Da beide schon fast ihre gesamte Bedenkzeit verbraucht hatten, obwohl erst die Hälfte der zur Zeitkontrolle notwendigen Züge absolviert waren, einigten sie sich auf ein gerechtes Remis.
Währenddessen sollte es für Meiningen noch schlimmer kommen. Rößner (4) gestaltete sein Spiel gegen den starken Eisenacher zu passiv und geriet trotz weißer Figuren bald unter Druck. Dabei gelang es seinem Kontrahenten hervorragend, den Angriff weiter zu verstärken und beeindruckend zu gewinnen. Webel (2) war von der Papierform her Außenseiter. Und obwohl ihn die Eröffnung in für ihn relativ unbekannte Gefilde führte, gelang es Webel, eine gute Stellung zu erreichen. Mit etwas mehr Zeit auf der Uhr wäre dank des mittlerweile errungenen Mehrbauern sicher auch noch mehr möglich gewesen, doch auch so ist das Remis aller Ehren wert. Somit stand es nach Ende der Hälfte der Partien 3 zu 1 für die Gäste. Meiningen hatte demgegenüber nur einen Mehrbauern durch seinen Großmeister am Spitzenbrett und stellungsmäßige Vorteile durch von Otte (8) zu bieten. Beide Partien waren aber noch nicht zwingend als sichere Punkte zu bezeichnen. Jörges (6) kämpfe verbissen um Vorteil, hatte jedoch gegen den sich hervorragend verteidigenden Eisenacher einen schweren Stand.
Lehmann (3) ließ sich offenbar von seinem Gegenüber einlullen. Auf dem Brett war wenig Spannendes los. Lehmann versuchte, angesichts des schlechten Zwischenresultates seinen passiven Gegenspieler aus der Reserve zu locken. Dabei „nutzte“ er die Gelegenheit, wieder einmal seinem Eisenachsyndrom zu frönen, er spendierte ohne Gegenleistung einen Bauern. Sein Gegner nahm das Geschenk dankend an und entwickelte mit einem Mal Aktivität nach vorn.
Trotz des für Meiningen unangenehmen Zwischenbildes sollten das die letzten angenehmen Erfahrungen für Eisenach an diesem Tag gewesen sein. Von Otte wurde doch noch seiner Favoritenrolle gerecht und stellte den Anschluss her. Dem zähesten Spieler des Tages blieb es vorbehalten, den Ausgleich zum 3 zu 3 zu erzielen. Jörges hatte seinen Kontrahenten über vier Stunden mit kleinen Nadelstichen traktiert und dabei einen Bauern gewonnen. Im Endspiel gewöhnlich ein großer Vorteil, waren hier jedoch mit Dame und Turm noch Schwerfiguren auf dem Brett, was die Umwandlung eines Bauern nicht gerade erleichtert. Doch die Hartnäckigkeit zahlte sich aus. Kurz vor der Zeitkontrolle konnte Jörges den Abtausch der Schwerfiguren erzwingen und seinen Mehrbauern zum Sieg führen. Auch für Lehmann sah es mittlerweile wieder besser aus. Angesichts seiner deutlich schlechteren Stellung versuchte Lehmann, aus der fortgeschrittenen Zeit des Eisenachers Kapital zu schlagen. Er spielte trotz der Gefahr weiterer eigener ungenauer Züge schnell und schaffte es tatsächlich, den Wartburgstädter zu verunsichern. Dieser fand in der Eile nicht die besten Züge und verpasste so den Gewinn. Da mittlerweile auch das Materialverhältnis wieder ausgeglichen war, bot der Eisenacher enttäuscht wieder Remis an. Das versetzte Lehmann angesichts seines Zeitpolsters in die angenehme Lage, auf die Entscheidung am ersten Brett zu warten und anschließend zu entscheiden, ob er mittlerweile mit seiner wieder leicht vorteilhaften Stellung nun seinerseits einem Gewinnversuch starten oder das Remis annehmen sollte. So blieb ihm die Gelegenheit, gemeinsam mit den anderen Spielern im Saal die Präzision meisterlichem Schachspiels zu beobachten. Pähtz navigierte mit seinen Figuren und seinem Mehrbauern so lange mit wechselseitigem Drohen auf beiden Flügeln hin und her, bis das Verteidigungsgebilde des Kontrahenten nicht mehr hielt. Mit einem unentrinnbar in der Ecke eingeklemmten Turm gab der Eisenacher auf. Damit hatten die Meininger die Wende tatsächlich noch geschafft. Nur noch ein halbes Pünktchen war notwendig, die zwischenzeitlich drohende Niederlage tatsächlich doch noch in einen Sieg zu verwandeln. Lehmann nahm nun das Remisangebot an und die ersten beiden Mannschaftspunkte waren gesichert. Ein schöner Start.
Doch schon am nächsten Spieltag wartet der nächste Höhepunkt. Die Reise geht zum Thüringenligaabsteiger Barchfeld/Breitungen. Dort besteht die Chance, dass die wohl höchstdotierte Einzelbegegnung stattfindet, welche die Landesklasse bisher gesehen hat. Mit FIDE-Meister Hausknecht wartet auf den Meininger Großmeister Pähtz ein Gegner, der in der Lage ist, das hohe Niveau des Meiningers durchaus mitzugehen. Hochspannung ist also schon wieder garantiert.
In der Bezirksklasse trafen die beiden Meiniger Vertretungen aufeinander. Erwartungsgemäß setzte sich die zweite Mannschaft deutlich durch. Dennoch täuscht das Ergebnis etwas über den Verlauf des Spieltages darüber hinweg, dass einige der etablierten Erwachsenen ihre liebe Mühe mit den Talenten aus der Nachwuchsarbeit im eigenen Haus hatten. Mehrere Partien gingen gar in die fünfte Stunde. Es ist absehbar, dass neben dem Kampf der zweiten Mannschaft um den Aufstieg auch die dritte Vertretung durch gute Ergebnisse im Laufe der Saison aufhorchen lassen wird.