Schach, 6. Spieltag
Landesklasse West:  SV Randspringer Bad Salzungen - ESV Lok Meiningen I   3,5 : 4,5
Bezirksklasse Süd:    SV Wartburgstadt Eisenach II - ESV Lok Meiningen II        5 : 3
                                    SV Hohe Rhön Frankenheim - ESV Lok Meiningen III         6:2


Nach der derben Niederlage gegen Nordhausen standen die Meininger mit 4:6 Mannschaftspunkten als Aufsteiger zwar optisch nicht schlecht da, dennoch drohte die Reise zum langjährigen Rivalen aus Eisenach zu einem wichtigen Schlüsselspiel der Saison zu werden. Bei einer Niederlage der Meininger wäre Lok direkt in den Abstiegskampf gedampft. Da ausgerechnet für dieses Spiel das Meininger Zugpferd, Großmeister Pähtz nicht in Aktion treten konnte, war die personelle Besetzung beider Mannschaften fast mit der Begegnung vor zwei Jahren identisch, als die Salzunger mit einem 4,5:3,5 damals die Meininger endgültig ihrer Aufstiegsträume beraubte. Dennoch hatte gerade diese Konstellation auf nomineller Augenhöhe ihren besonderen Reiz, da sich die Gastgeber mit einem Sieg Luft im Abstiegskampf verschaffen wollten.
Durch den Ausfall von Pähtz kam Webel erstmals in seiner Laufbahn in den Genuss des Spitzenbrettes. Das hatte seinen Eifer in der ohnehin schon beispielhaften Vorbereitung noch einmal deutlich gesteigert. Durch den Anzugsvorteil als Weißer kam es Webel zu Gute, dass von seinem Kontrahenten, dem erfahrenen Feldmann, eine große Anzahl an Partien zur Verfügung stand. Tatsächlich gelang es Webel, eine Variante aufs Brett zu bringen, die ihm strategisch Vorteil einbrachte. Nun galt es „nur“ noch, diesen Vorteil auch in Zählbares umzuwandeln – erfahrungsgemäß der schwierigste Part.
Lehmann (2) hatte an diesem Tag keine großen Ambitionen. Noch nicht vollständig von einer heftigen Grippe genesen, durfte er mit Schwarz den Nestor der Salzunger, Altmeister Schulz genießen. Wohl wissend, dass dieser als bekannter Konterspieler immer dann zu großer Form aufläuft, wenn ihm ein übermütiger Gegner versucht zu zeigen, „wie Schach gespielt wird“. Also übte sich Lehmann in Bescheidenheit, wählte eine friedliche
Variante der französischen Verteidigung, die zwischen beiden Konkurrenten schon einmal zu einem schnellen Friedenschluss geführt hatte. Der Plan funktionierte, nach etwa 80 Minuten Spielzeit wurde der Punkt geteilt.
Rößner (3) hatte mit Essegern sen. den spielerisch stärksten Gastgeber vor sich. Da beide Kontrahenten das aktive Spiel bevorzugen, tobte alsbald der Kampf auf dem Brett. Schon frühzeitig zeichnete sich ab, dass eine Punkteteilung der unwahrscheinlichste Spielausgang sein dürfte. Kunath (4) durfte sich eher auf ein strategisches Duell einstellen. Essegern jun., der einen vollkommen anderen Spielstil als sein Vater pflegt, begann dann auch alsbal mit strategischen Spielchen, mal über die Mitte, mal am Flügel. Doch Kunath ließ sich nicht beirren, er hielt das Gleichgewicht. Jörges (5) hatte sich nach seiner guten Serie auch wieder viel vorgenommen. Hochkonzentriert begann er die Partie und konnte auch Raumgewinn verzeichnen.
Die spätere Schlüsselpartie der gesamten Begegnung sollte Grube (6) liefern. Zunächst einmal galt es, die weißen Angriffsbemühungen in die Schranken zu verweisen, was Grube auch recht gut gelang. Leider kostete es ihn wieder einmal ganz schön viel Zeit. Von Otte (7) ging als klarer Favorit in die Partie. Und tatsächlich ließen sich frühzeitig Stellungsvorteile erkennen. Eine weitere Premiere fand am 8. Brett statt. Der 14-jährige Sebastian Hocke hatte sich durch stabile Leistungen in der zweiten Mannschaft nachhaltig für einen Einsatz empfohlen. Natürlich erhofften sich die Gastheber hier eine Chance, indem der erfahrene Wiefel seinen jugendlichen Widerpart durch langes strategisches Hin- und Herlavieren zur Ungeduld zu verleiten und sich eine Blöße zu geben. Doch Hocke dachte überhaupt nicht daran, hier übermütig zu werden. Er spielte das Spiel einfach mit und lauerte auf Seine Chance. Lediglich der hohe Verbrauch an Bedenkzeit konnte den geneigten (Meininger) Betrachter etwas nervös werden zu lassen.
Schon nach zwei Stunden Spielzeit kam es zum ersten Paukenschlag. Webel hatte es tatsächlich geschafft, sich eine hervorragende Ausgangsbasis zu verschaffen. Nun meinte sein Gegner, mit einem größeren Abtausch die Dinge wieder ins Lot bringen zu können. Doch nachdem die Aktion unumkehrbar geworden war, musste er feststellen, dass in seiner Königsstellung ein verhängnisvoller Läufereinschlag mit Schachgebot Webel uneinholbaren Materialvorteil bescheren sollte. Nach einer kurzen Phase der Bestandsaufnahme gab der Salzunger tief enttäuscht auf.
Nachdem dann gut eine Stunde keine entscheidenden Szenen mehr zu beobachten waren, überschlugen sich die Ereignisse. Mit dem Näherrücken der Zeitkontrolle hatten gleich eine Reihe von Spielern mit mangelnder Bedenkzeit zu kämpfen. Erstes Opfer war Rößner, der in einer wilden Schlacht nicht die optimalen Züge fand und kapitulieren musste. Fast zeitgleich musste von Otte sein Spiel Remis geben. Er hatte den Angriff überzogen und war nach einer verzweifelten Gegenattacke seines Widerparts selbst in die Defensive geraten. Da die Situation jedoch nicht eindeutig war, bot der Gastgeber von Otte die Punkteteilung an, die dieser dann sinnvollerweise auch annahm. Dennoch war der gute Start damit erst einmal verspielt. Es stand 2:2.
Einen ebenso widerspenstig agierenden Kontrahenten hatte Jörges zu bespielen. Trotz Raumvorteils und geduldigem Lavierens zwischen Brettmitte und Damenflügel gelang es seinem Gegner immer wieder, die richtigen Erwiderungen zu finden und die Stellung in Remisreichweite zu halten. Als dann die Zeitpolster während der Suche nach der entscheidenden Lücke immer mehr schwanden, musste Jörges enttäuscht in die Punkteteilung einwilligen.
Doch die restlichen Partien konnten zur Hoffnung Anlass geben. Kunath war zwar mittlerweile arg in die Defensive geraten, doch die gebaute Festung war trotz optisch angsteinflößender Angriffspunkte für Essegern nicht zu knacken. Er verbrauchte für die Suche nach dem entscheidenden Schlag eine Unmenge an Zeit und rettete sich gerade noch so über die Zeitkontrolle. Währenddessen tobte an Grubes Brett ebenfalls eine Zeitnotschlacht. Grube hatte die Initiative übernommen und am Königsflügel eine Linie geöffnet, über die er nun machtvoll mit Dame und Turm tief ins gegnerische Hinterland „hineinleuchtete“. Dieser fand jedoch erst einmal das geeignete Gegenmittel – die Flucht mit seinem König zurück zur Mitte. Jetzt drohte er, den Spieß umzudrehen und seinerseits die Angreifer zu attackieren. Doch Grube bewahrte kühlen Kopf, stellte weitere Drohungen auf und überlastete damit endgültig die gegnerische Abwehr. Nach der Zeitkontrolle blieb ihm nurmehr übrig, seine verlorene Stellung als solche zu akzeptieren und aufzugeben. Zeitgleich brachte es der junge Hocke fertig, jede Spitzfindigkeit des Salzungers korrekt zu widerlegen. Dabei strapazierte er jedoch die Nerven seiner Mannschaftskameraden heftig, als er bei schon fast „hängenden“ Blättchen auch die letzte Minute seiner verbleibenden Bedenkzeit eiskalt ausnutzte. Als schließlich endlich der 40. Zug geschafft war und damit eine weitere Stunde zur Verfügung stand, atmeten die Meininger erleichtert auf.
Kunaths Gegner investierte von seiner Zusatzzeit umgehend wieder eine halbe Stunde, ob nicht doch noch ein Loch in Kunaths Festung zu finden war. Enttäuscht musste er schließlich feststellen, dass dem nicht so war und sehr unzufrieden in das Remis einwilligen, welches den Meiningern die 4:3-Führung bescherte.
Damit hatte sich die Situation am letzten Brett entscheidend geändert. Wiefel hatte nun keine Möglichkeit mehr, seinen jugendlichen Kontrahenten mit Spitzfindigkeiten zu überlisten. Sollte ein Mannschaftspunkt gerettet werden, war nunmehr zwingend der Sieg notwendig. Da in der nahezu zementierten Stellung seriöse Angriffsmöglichkeiten nicht vorhanden waren, versuchte er es per Gewaltakt. Doch Hocke war wachsam. Genüsslich nahm er sich des schutzlosen gegnerischen Hinterlandes an und verspeiste gleich zwei Bauern, was ihm prinzipiell eine Gewinnstellung bescherte. Nachdem Wiefel nun alle Fälle davonschwimmen sah, versuchte er zu retten, was zu retten war und bot Hocke Remis und damit den Mannschaftssieg auf dem Silbertablett an.
Hocke widerstand der Versuchung, den kompletten Punkt zu ergattern und akzeptierte. Mit diesem sehr mannschaftsdienlichen Verhalten krönte er seine Feuertaufe in der Landesklasse äußert erfreulich.
Mit 6:6 Punkten stehen die Meininger nunmehr im gesicherten Mittelfeld der Tabelle und können die nächsten Begegnungen recht gelassen angehen.
Schmerzhaft dagegen verlief die Begegnung der zweiten Mannschaft. Durch das beruflich bedingte Fehlen von Welsch und die Abgabe von Hocke geschwächt, hätten die Meininger beim Mitaufstiegskonkurrenten aus Eisenach einen guten Tag gebraucht, um ihre Tabellenführung zu verteidigen. Leider schafften es gerade die bisherigen sicheren Punktelieferanten Latka und Schmidt nicht, auch in Eisenach zu punkten. Deshalb trösten die weiterhin intakten niederlagenfreien Serien von Grube sen. und das fantastische Zwischenergebnis von 6 Punkten aus 6 Spielen durch Hartmann nicht wirklich. Die 5:3-Niederlage erfordert nun zwingend einen Sieg gegen den zweiten Hauptkonkurrenten Schmalkalden II am kommenden Wochenende. Ein nervenaufreibender Krimi ist zu erwarten.
In die hohe Rhön reisen durfte Meiningen III. Sechs Kinder und zwei Erwachsene schlugen sich wacker. Zwei Remis durch Skarupke und Cermann sowie ein schöner Sieg von Rosenberg gegen einen der stärksten Gastgeber bescherten den Meiningern zwei ehrenwerte Punkte.