Schach: Saison 2009/10, Spieltag 5

Landesklasse West: SC 1998 Gotha - ESV Lok Meiningen I   4 : 4
Bezirksliga Süd : SG Barchfeld/Breitungen II - ESV Lok Meiningen II   5 : 3
Bezirksklasse Süd: SG Barchfeld/Breitungen II - ESV Lok Meiningen III   6 : 2

Landesklasse West: Ein wichtiger Prüfstein für die Meininger stand am 5. Spieltag auf dem Programm. Nach dem bisher äußerst unglücklichen Saisonverlauf galt es, den Absturz auf einen Abstiegsplatz zu verhindern. Keine leichte Aufgabe, im Vorjahr reichte es in Gotha nur zu einem knappen Sieg. Erschwerend kam hinzu, dass mit Rößner ein Stammspieler den Verein mitten in der Saison verlassen hat und infolgedessen ersetzt werden musste. Die Abteilungsleitung entschied sich, neben Hocke am Brett 7 mit Jannik Webel einen zweiten Jugendlichen die Chance zu geben, sich in Thüringens zweithöchster Spielklasse zu bewähren. Und dieser Einsatz begann für Webel sogleich mit einem kleinen Schock. Mit dem seltenen Eröffnungszug des so genannten Orang-Utan-Gambits, bei dem der b-Bauer gleich zu Beginn per Doppelschritt ins Feld geführt wird, versuchte der Gothaer, gleich zu Partiebeginn aus der Unerfahrenheit des Jungen Kapital zu schlagen. Doch dieser reagierte besonnen, überdachte sorgfältig seinen Antwortzug und investierte nahezu eine viertel Stunde Bedenkzeit. Auch als der Bauer dann geopfert wurde, bewahrte Webel die Ruhe und machte das einzig Richtige, sich selbst ordnungsgemäß zu entwickeln und den König per Rochade in Sicherheit zu bringen. Großmeister Pähtz (1) hatte derweil mit Rockstuhl einen wertzahlmäßig nicht übermäßig hoch dotierten Gegner vor sich, der allerdings den Ruf genießt, gegen außergewöhnliche Gegner auch des Öfteren außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen. So war denn auch das Mittelspiel erreicht, ohne dass Pähtz einen nennenswerten Vorteil erringen konnte, so klug agierte sein Gegenüber. Webel sen. (2) wollte wie sein Sohn den Schwung aus dem äußerst positiv verlaufenen Turnier in Erfurt in die Serie übernehmen. Allerdings hatte er es mit dem höchstdotierten Spieler der Gastgeber zu tun. Es gelang Webel, die Eröffnungsphase trotz enormen Drucks des Anziehenden gut zu überstehen. Von Otte (3) hatte natürlich vor, seine bisher weiße Weste zu behalten und wieder zu gewinnen. Allerdings war die Tatsache der bis dato hervorragenden Saison von Ottes auch seinem Gegner nicht entgangen. Er agierte äußerst vorsichtig, um die Partie möglichst geschlossen zu halten. Lehmann (4) hatte es mit einem erfahrenen Mannschafts- und Fernschachspieler zu tun. In der Vermutung, dass sich dieser gut auf Lehmann vorbereitet hatte (was dieser später auf Nachfrage auch bestätigte), spielte Lehmann eine seltenere Variante der französischen Verteidigung, auch wenn hier die Gefahr bestand, dass der Gothaer die Theorie besser als Lehmann beherrschen könnte. Genau so war es auch, Lehmann hatte frühzeitig kräftige Angriffsversuche auszuhalten. Grube (5) begann sein Spiel nach den letzten nicht so positiv verlaufenen Partien wohl etwas zu vorsichtig, auch er hatte recht bald die Verteidigung als Mittel der Wahl entdeckt. Jörges (6) baute sich ebenso wie sein Gegenüber solide auf, lehnte aber das frühe Remisangebot des Gastgebers ab.
Dieser in Summe nicht optimale Start gipfelte darin, dass Hocke (7) im Duell der Jugend in komplizierter Mittelspielstellung fehlgriff und frühzeitig kapitulieren musste.
Eine Stunde später war bei GM Pähtz noch immer kein Vorteil in Sicht. Lehmann und Grube standen weiterhin unter Druck. Der nächste Schlag gegen die Meininger kam, als Webel sen. beim Versuch, die Stellung zu vereinfachen, eine Qualität (Turmverlust gegen Gewinn einer Leichtfigur) einbüßte und damit sein Verteidigungsgebilde zusammenbrach. Webel musste aufgeben und damit sah es für die Meininger recht finster aus. Den ersten Lichtblick setzte aber der junge Webel, der die Familienehre rettete. Er hatte den vom Gegner geopferten Bauern klug verteidigt, sich im Mittelspiel hervorragend positioniert und ärgerte den Gothaer mit kleinen Nadelstichen so sehr, dass dieser entnervt Remis bot. Webel akzeptierte aufgrund der schlechteren Bedenkzeit, obwohl er auf dem Brett mittlerweile sogar ein leichtes Übergewicht erreicht hatte. Natürlich waren seine Mannschaftskameraden ob des unerwarteten halben Punktes sehr erfreut. Den zweiten Lichtblick konnte Jörges setzen. Als in ausgeglichener Stellung der Gothaer einen Augenblick unaufmerksam war, ergriff Jörges couragiert seine Chance und konnte die Partie für sich entscheiden. Zwischenstand nunmehr nur noch 2,5:1,5 für die Gastgeber.

Um die Mittagszeit löste sich eine weitere Sorge auf. Grube hatte seine Defensive tapfer verteidigt, so dass sein Gegenüber irgendwann kein Risiko mehr eingehen wollte, und Remis bot. Kurze Zeit später musste allerdings von Otte ebenfalls in den Friedensschluss einwilligen, so dass Gotha beim Zwischenstand von 3,5:2,5 nur noch ein Punkt zum vollkommenen Glück fehlte. Angesichts dessen, dass Pähtz bei nunmehr schon ziemlich gelichtetem Brett auf seine Chance mehr warten musste, als dass er sie sich diese erspielen konnte, musste Lehmann, der zwischenzeitlich tatsächlich eine ausgeglichene Stellung erreicht hatte, nunmehr wieder mehrmals mit dem Feuer spielen, um im Falle des Falles (Pähtz findet keinen Gewinnweg) mit einem Verzweiflungsangriff das Unmögliche doch noch möglich machen zu können. Dabei war es unbedingt notwendig, keine Schwerfiguren (Dame und Turm) mehr zu tauschen, was allerdings dazu führte, dass der Gothaer erneut starken Angriff erhielt. Glücklicherweise gelang es Lehmann dann, sich um den Preis des Damentausches aus der Umklammerung zu lösen und wiederum eine ziemlich ausgeglichene Stellung zu erreichen. Dabei hatte er auch immer ein Auge auf die Partie von Pähtz zu halten, um im richtigen Moment das Risiko wieder herunterschrauben zu können. Und tatsächlich, wieder einmal sollte sich der Unterschied zwischen einem Großmeister und einem „Normalsterblichen“ zeigen. Nach über fünf Stunden Gesamtspielzeit und nahezu vollständig verbrauchter eigener Bedenkzeit (am Ende waren gerade mal noch 5 Minuten auf der Uhr), gelang es Pähtz, mit den letzten verbliebenen Springern die entscheidende Verteidigungsfigur abzutauschen und in ein gewonnenes Turmendspiel abzuwickeln. Das war das Signal für Lehmann, endlich auf Remiskurs zu gehen, was sein Gegner sichtlich unzufrieden letztendlich akzeptieren musste.

Nachdem Pähtz schließlich seinen Vorteil realisierte, war die hochgradig spannende Begegnung beendet. Das ausgeglichene Endergebnis von 4:4 kann zwar nicht ganz zufrieden stellen, aber angesichts der Aufstellung und der fast zweistündigen Anreise durch ein wunderbar verschneites Thüringen kann das Unentschieden nicht als kompletter Misserfolg gewertet werden.

Bezirksliga Süd: Nach den ersten „Hammergegnern“ sollte es in Bestbesetzung mit der Reise zum Tabellenletzten das erste Erfolgserlebnis geben. Selbst die erste Mannschaft wollte ihren Teil beitragen, indem sie für ihre Ausfälle nicht die besten Leistungsträger abgezogen hatte. Umso unangenehmer, dass mit Welsch und Hartmann erneut zwei Stammspieler kurzfristig berufsbedingt absagen mussten. Dennoch herrschte Optimismus, endlich die ersehnten ersten Punkte einfahren zu können. Doch die Breitunger reagierten geschickt. Gegen die junge Meininger Garde an den hinteren Brettern wurden drei Haudegen gesetzt, die mit ihrer Erfahrung dem Drang der Jugend ein Schnippchen schlagen sollten. Und zum Leitwesen der Meininger ging diese Strategie auf. Relativ früh mussten Weger und Scheftlein kapitulieren, dafür gelang Rosenberg, der in den letzten Monaten eine außergewöhnliche Leistungssteigerung durchgemacht hat, ein schöner Sieg. Auch Weiß am Spitzenbrett hat sich an die raue Luft in der neuen Liga mittlerweile gewöhnt und konnte eine sehr vorteilhafte Stellung herausspielen. Dennoch waren die Meininger nun unter Druck, da sie ein mögliches 4:4 vermeiden wollten. Angesichts dessen, dass Latka und Oleak ihre Stellungen nicht mehr aus der Remiszone führen konnten, setzten Schmidt und Grube alles auf eine Karte, um ihre ebenfalls sehr ausgeglichenen Partien noch herumreißen zu können. Leider ging die Strategie nicht auf, so dass statt des Spatzes in der Hand in Form einer Punkteteilung eine 5:3-Niederlage die Meininger ins Tal der Tränen stürzte. Auch wenn der Klassenerhalt schon von Beginn der Saison an ein schwieriges Unterfangen war, kann nach dieser Niederlage wohl nur noch ein kleines Wunder helfen, die Klasse zu halten.

Bezirksklasse Süd: Angesichts der großen Ausfälle bei den ersten beiden Mannschaften war klar, dass an einen Mannschaftspunkt nicht zu denken war. Dafür durften auch die Jüngsten mit ran, einmal die raue Luft einer Erwachsenenliga zu spüren. Dass neben den beiden Erwachsenen Becker und Grundei dabei auch der elfjährige Konrad Izdebski und der neunjährige Gustav Kühn jeweils Remis erreichten, ist mehr, als die Meininger erwarten konnten. Das Ergebnis von 2:6 ist somit besser, als zu erwarten war.