Schach: Saison 2010/11, Spieltag 7

 Landesklasse West: ESV Lok Meiningen I - TSG Ruhla I   5 : 3
Bezirksliga Süd : ESV Lok Meiningen II - SC Steinbach-Altersbach   4 : 4
Kreisliga Süd :  TSV 1883 Benshausen - ESV Lok Meiningen III  1,5 : 2,5
 

Landesklasse West: Im dritten Jahr Landesklasse standen die Meininger Schachspieler auch zum dritten Mal vor der nahezu unlösbar scheinenden Aufgabe, gegen die TSG Ruhla zu punkten. Tat man sich in der Vergangenheit oftmals schon schwer gegen die 2. Vertretung, gab es gegen Ruhla I bisher nichts zu holen. Angesichts des Tabellenstandes der Gäste, die mit einem Punkt Rückstand zu den Nichtabstiegsplätzen mit dem Rücken zur Wand standen, war auch an der Motivation der Gäste nicht zu zweifeln. Da auch die Meininger zu diesem Zeitpunkt lediglich einen Zähler mehr auf dem Konto aufwiesen, deutete alles auf einen Nervenkrieg hin. Folgerichtig sollte sich die allgemeine Gefühlslage auch von Anfang an ständig ändern. So startete beispielsweise Jörges (Brett 5) mit einer frühen Ungenauigkeit in der Eröffnungsbehandlung und musste gleich um den Ausgleich kämpfen. Doch schon nach kurzer Zeit bewegte sich das Pendel zugunsten der Meininger. Weiß (7) machte mit seinem überforderten Gegner nach nicht einmal zwei Stunden kurzen Prozess und ließ die Meininger in Führung gehen. Doch die Freude hielt sich zu dieser Zeit in Grenzen, manöverierte sich doch Grube (6) durch Fehlberechnungen in eine unglückliche Lage. Sein König musste bereits im Mittelspiel einen Ausflug in die Brettmitte nehmen. In der Regel endet eine derartige Reise für seine Majestät tödlich. Erfreulich wiederum war aus Meininger Sicht die Situation an den Brettern von Webel (4) und Hocke (8). Beide hatten im bisherigen Saisonverlauf noch nicht den richtigen Faden gefunden. In den aktuellen Partien konnten sie sich durch tadelloses Eröffnungsspiel solide Stellungen erarbeiten, die ihren favorisierten Gegnern keinerlei Angriffspunkte boten. Das frühe Remis von Hocke ist aller Ehren wert und unterstrich die Meininger Führung noch. Dagegen hatte es Großmeister (GM) Pähtz (1) überraschenderweise sehr schwer. Sein junger Kontrahent Christian Böhm spielte lustvoll auf, erzeugte eine komplizierte Stellung und fand dabei auch auf jede Herausforderung die richtige Antwort. Frühzeitig deutete sich hier ein Zeitnotdrama an. Den unauffälligsten Verlauf wies zu diesem Zeitpunkt die Partien von v. Otte (3) und Lehmann (2) auf. Bei von Ottes Partie wollte keine rechte Spannung aufkommen, zu gut kennen und respektierten sich beide Spieler. Lehmann hatte in der Vorbereitung gegen seinen als in Eröffnungstheorie gut bewanderten Gegner eine recht selten gespielte Variante herausgesucht, die auch tatsächlich aufs Brett kam. Somit wandelten sich beide Kontrahenten auf ihnen nicht sehr bekannten Pfaden, es entwickelte sich eine spannende und recht ausgeglichene Partie.
Bereits kurz vor Mittag wurden die nächsten Ergebnisse gemeldet. War der Friedensschluss durch von Otte noch vorauszusehen, konnten die Gastgeber dann einen halben Zähler vermelden, an den wirklich niemand geglaubt hatte. Grubes Gegner kam mit seiner komfortablen Situation überhaupt nicht zurecht. Nachdem nun auch noch seine Uhr noch unaufhaltsam tickte, verlor er die Nerven und erzeugte vollkommen unnötig eine dreimalige Stellungswiederholung. Laut Regeln ist der Partieausgang damit unentschieden. Nachdem dann auch noch Webel mit seinem Gegenüber den Punkt teilte (im Gegensatz zur vorherigen Partie aber stellungsgerecht), lautete der aktuelle Zwischenstand nunmehr 3:2 für Meiningen.
Doch der Ausgang der nächsten Partie stellt das bisherige Geschehen noch bei Weitem in den Schatten. Titelten wir noch einen Spieltag vorher nach der unglücklichen Niederlage der zweiten Mannschaft bei Ruhla II: „Caissa wohnt in Ruhla“, so hat sie beim Ausgang der Begegnung am Spitzenbrett ihren Wohnsitz kurzerhand nach Meiningen verlegt. Wie vorausgesehen, hatte sich das Geschehen während der Partie immer mehr zugespitzt, beide Kontrahenten hatten viel Zeit verbraucht, die letzten Züge bis zum Erreichen der Zeitkontrolle wurden im Blitzmodus absolviert. Diese Hürde wurde beiderseits souverän gemeistert, eine nahezu ausgeglichene Stellung präsentierte sich Spielern und Zuschauern. Dann sollte wieder einmal das nur psychologisch zu erklärende Phänomen auftreten, dass auch Schachkönnern gehobener Klasse ab und an passiert. Die Zeitnot wurde gut gemeistert, es steht für den nächsten Abschnitt wieder ausreichend Zeitpolster zur Verfügung (in diesem Fall eine Stunde). Und genau in diesem Augenblick wird ein schier unbegreiflicher Zug ausgeführt. Im aktuellen Fall zog Pähtz einen ganz und gar nicht großmeisterlichen Zug 42.g4 (siehe Diagramm), basierend auf dem hehren Gedanken einer folgenden zweizügigen Mattdrohung mit Le3 und Dg1 Matt. Nun wäre diese Drohung für den bis dahin so gut aufspielenden Ruhlaer mit einer um ein Tempo schnelleren Gegendrohung recht einfach und mit tödlichen Folgen für Pähtz wiederlegbar gewesen (entweder De7, Dd7 oder Dc7). In allen Fällen wäre der Läufer auf g7 im nächsten Zug mit Schach gefallen und der schwarze König zur Treibjagd freigegeben. Doch was geschah? Weder wurde die Pähtzsche Mattdrohung erkannt und widerlegt, nein der schlechte Zug wurde mit einem noch viel schlechteren Gegenzug 42. … Lxf7 beantwortet. Pähtz konnte seine Mattdrohung mit 43. Le3 zur Durchführung bringen. Der Mattdrohung auf g1 war damit nicht mehr zu begegnen, was bei seinem bedauernswerten jungen Kontrahenten schieres Entsetzen auslöste.

 

Durch den Ausgang dieser außergewöhnlichen Partie führte Meiningen nunmehr mit 4:2. Die Entscheidung hatte nunmehr Lehmann auf dem Brett. Im war es im Laufe des Mittelspiels gelungen, durch das genauere Spiel in der auch hier kritischen Zeitnotphase kleinere positionelle Vorteile herauszuarbeiten, die Lehmann zuerst in den Gewinn eines Bauern und schließlich in entscheidenden strategischen Vorteil weiterentwickeln ließen. Nachdem die letzte kritische Figur, die Dame abgetauscht werden konnte, war die Partie für Meiningen entschieden. Die überschäumende Freude über den tollen Ausgang des Mannschaftskampfes wurde durch den Ausgang der letzten noch offenen Partie etwas gedämpft. Hier avancierte Jörges zum tragischen Helden des Tages. Nachdem er es tatsächlich geschafft hatte, in zähem Kampf seinen Eröffnungsnachteil wieder herauszuarbeiten,  überzog er anschließend seinen Gegenangriff und stand nach 62 Zügen und über fünf Stunden Spielzeit doch noch mit leeren Händen da. Trost spendete allerdings der finale Blick auf die Tabelle, in der die Meininger nunmehr auf Platz 3 geklettert sind. Kurioserweise besteht immer noch die Möglichkeit, in den letzten beiden Tagen noch auf einen Abstiegsplatz zurückzufallen. In der nächsten Runde geht es zum Spitzreiter Arnstadt/Stadtilm, die Herausforderung ist also wieder beachtlich. umso wertvoller sind die beiden Mannschaftspunkte im Duell gegen Ruhla einzuschätzen, die nunmehr vollkommen unerwarteterweise den vorletzten Tabellenplatz einnehmen.

Bezirksliga Süd: Auch wenn die Tabellensituation Zählbares dringend einfordert, machten sich die Meininger nicht allzuviel Hoffnung, diesen Wunsch auch in die Realität umsetzen zu können. Zu tief steckte noch die Erinnerung an die Vorsaison, wo die Meininger die Höchststrafe eines 0:8 „genießen“ durften. Das Fehlen von Latka und der erneute Ausfall und Welsch, der beruflich im Ausland weilt, änderte die Erwartungshaltung nicht unbedingt. Und tatsächlich, bereits frühzeitig sah es an den Spitzenbrettern nicht gut für die Meininger aus. Das starke Trio Wilhelm, Prof. Hoffmann und Döll wurden ihren Favoritenrollen gerecht und hatten damit schon mehr als die halbe Miete eingefahren. Doch es gab auch positive Momente. Der junge Scheftlein, der gerade das 13. Lebensjahr vollendet hatte, holte ein sicheres Remis. Jannik Webel, nur ein Jahr älter, teilte ebenfalls den Punkt. Als dann Ersatzmann Grundei am 8. Brett gar den ganzen Punkt einfuhr, schöpften die Gastgeber plötzlich Hoffnung, dieses Mal nicht nur ein achtbares Ergebnis zu erzielen, es schien sogar möglich. Und tatsächlich, das Blatt sollte sich noch fast wenden. Obwohl den Gästen aus den beiden restlichen Partien ein weiteres Remis zum Mannschaftssieg gereicht hätte, behielten die Meininger Joachim Grube und Nestor Werner Kunath die Nerven. Beide konnten ihre Partien gewinnen und den laut bejubelten (der natürlich erst nach Ende der letzten laufenden Partie aufbrandete) Endstand von 4:4 sicherstellen. Für den Abstiegskampf ein großartiges Signal.

Kreisliga Süd: Drittes Spiel, dritter Sieg. Offenbar ist die Kreisliga ein gutes Übungspflaster für die jüngsten Meininger. Gemeinsam mit der Mannschaftsleiterin, dem „Spättalent“ Marianne Henke gewannen die Lok-Eleven erneut. Henke erreichte im 2. Einsatz den 2. Sieg, Sebastian Borzel remisierte und Andreas Kümpel, der in seinem zweiten Einsatz endlich auch einen Gegner bekam, konnte diese Partie auch gleich gewinnen. Lediglich Gustav Kühn konnte nicht punkten. In der nächsten Runde treffen die Meininger dann auf die ebenfalls noch verlustpunktfreien Eisenacher, hier kommt es zum vorzeitigen Finale im Kampf um die Krone im Schachkreis Süd für die Saison 2010/11.