Schach: Saison 2017/18, Spieltag 3

 

Landesklasse West: SC Turm Erfurt - ESV Lok Meiningen I   1 : 7

Bezirksklasse Süd: SG Trusetal 92 2 - ESV Lok Meiningen II   3,5 : 0,5

 

Landesklasse West: Mit einer gehörigen Portion Ungewissheit traten die Meininger die Reise nach Erfurt an. Normalerweise kennen Schachspieler in Mannschaftskämpfen ihre Gegner recht gut und wissen damit, was auf sie zu kommt. Beim Aufsteiger SC Turm Erfurt war das anders. Trotz des Ausfalls von Jörges hätten sich die Meininger nominell durchaus als Favoriten sehen können. Doch eine Favoritenrolle auf Basis von Leistungszahlen wirkt zweifelhaft, wenn man sich die bisherigen Saisonergebnisse anschaut. Und da standen nach zwei Runden dem einsamen einzigen Mannschaftspunkt der Theaterstädter stolze 3 Punkte der Erfurter gegenüber. Und diese wurden nicht gegen irgendwen erzielt, sondern ausgerechnet gegen Schmalkalden und Bad Salzungen, also Mannschaften, die Meiningen in der Regel ebenbürtige Gegner sind.

Doch allen Erwartungen zum Trotz entwickelte sich die Begegnung zu einem wahren Herbstmärchen zu Gunsten der Meininger. So wie draußen das Wetter mit Wind und Regen den Sonntag geradezu prädestinierte für Beschäftigungen im warmen Haus, blies auch den bedauernswerten Gastgebern der Wind ins Gesicht. So hatte Spitzenspieler Scheftlein schon nach kurzer Zeit mit seiner unnachahmlichen Spielweise gute Aussichten auf einen verheißungsvollen Königsangriff. Hocke (Brett 2) hatte es mit Altmeister Franz zu tun, der zu seiner besten Leistungszeit auch schon mal den legendären Großmeister Uhlmann eine Niederlage beibringen konnte. Doch auch jetzt, im stolzen Alter von 83 Jahren zelebrierte er präzise einen sauberen Stellungsaufbau. So gab es für Hocke kaum eine Chance, überraschende Akzente zu setzen. Lehmann (3) gelang es auch frühzeitig, den feindlichen König in seiner Ecke „freizulegen“, ja er konnte sogar eine offene Linie mit zwei Türmen besetzen und so ein Eindringen ins gegnerische Lager drohen. Doch immer wieder schaffte es sein Kontrahent, noch einen Zug zu finden, „der den ganzen Laden irgendwie zusammenhält“, so ein bekanntes Schachzitat. Holland-Cunz (4) war nach seiner unglücklichen Niederlage in der Vorrunde höchst motiviert, diese Scharte auszuwetzen. Und tatsächlich, im Laufe des Vormittages konnte er seine Stellung Schritt für Schritt verbessern. Grube (5) war auf ähnlich gutem Weg. Ihm gelang es im Mittelspiel, alle ihm unangenehmen Figuren abzutauschen. Übrig blieben jeweils ein Turm (der von Grube besetzte die einzige offene Linie) und je eine Leichtfigur. In der entstandenen Stellung war für den kundigen Beobachter Grubes Läufer erheblich stärker einzuschätzen als der Springer des Gegners. Die beiden Meininger Doktoren, Hänisch (6) und Rasch (8) überforderten schon bald ihre Gegner, diese büßten fast synchron nach Fehlern Material ein. Hier schien ein den Gästen sicherere Punkte zu winken. Latka (7) konnte sich frühzeitig über einen Bauerngewinn freuen. Zum Leidwesen der Meininger ließ sie sich im Überschwang etwas leichtsinnig zu einem Springeropfer hinreißen, welches sich nicht so ganz auswirkte wie geplant. Immerhin bekam sie für ihr Rössel wenigstens zwei weitere Bauern, so dass die Partie wieder ziemlich ausgeglichen war.

Somit hatte sich eine ähnliche Konstellation gebildet wie im Spieltag zuvor. Doch dieses Mal ließen sich die Theaterstädter nicht wieder die Butter vom Brot nehmen. Nach knapp vier Stunden regnete es förmlich Punkte für Meiningen. Scheftlein meldete als erster seinen Sieg, nachdem sein Kontrahent nicht verhindern konnte, dass die  schon hervorragend positionierte Figurenschar Scheftleins unaufhaltsam den Königsflügel förmlich überrollte. Zu diesem Zeitpunkt konnte man noch nicht ahnen, dass die folgenden Punkteteilungen von Hocke gegen Nestor Franz und Latka, deren Gegner sich in ein Dauerschach rettete, die „schlechtesten“ Ergebnisse für Meinigen darstellen sollten. Nachdem Dr. Hänisch seine Partie sicher nach Hause gebracht hatte, konnte sich auch Lehmann über einen Sieg freuen. Der Dauerdruck auf seinen Kontrahenten brachte seinen Gegner dazu, mit einem zweifelhaften Opfer mit demonstrativ betonten Ziehen einen Befreiungsschlag zu versuchen. Da sich Lehmann die Konsequenzen auf dieses offensichtlich verlockende Manöver genau angeschaut hatte, konnte dieser fast ohne weiteres Nachdenken direkt antworten und ebenso demonstrativ einen Turm opfern, den er aber zwei Züge später zwingend zurückgewinnen würde. Diese Abwicklung beendete die Partie in kurzer Zeit. Obwohl die Begegnung stellungsmäßig aufgrund einer schwierigen Bauernstruktur objektiv noch nicht als sicher gewonnen beurteilt werden konnte, war die psychologische Wirkung des Manövers auf den Erfurter Spieler so verheerend, dass er hinterher noch zwei schwache Züge einstreute und schnell verlor.

Damit stand es 4:1 für Meiningen. Angesichts der schlechteren Stellungen aller verbliebenen Erfurter, die für ein 4:4 alle Partien hätten gewinnen müssen, erlahmte deren Kampfgeist langsam, während die euphorisierten Meininger nichts mehr anbrennen ließen. Sowohl Grube als auch Holland-Cunz und Dr. Rasch setzten ihre Vorteile in Siege um. Das Endergebnis von 7:1 sollte nun eine gute Vorbereitung für den nächsten starken Gegner aus Gotha darstellen.

 

Bezirksklasse Süd: Erwartungsgemäß nicht den Hauch einer Chance hatte die 2. Vertretung gegen die Reservemannschaft von Trusetal. Trotz tapferer Gegenwehr gelang lediglich  Grundei ein Unentschieden.