Thüringer Landespokal 2000/2001, Runde 1
Blau-Weiß Stadtilm 1 - ESV Lok Meiningen   2 : 2 (4 : 6)

  Ein scheinbar recht einfaches Los zog der ESV Lok Meiningen  zum Auftakt des Thüringer Mannschaftspokals. Es galt auswärts beim Vertreter der Bezirksliga Mitte Blau-Weiß Stadtilm zu bestehen. Doch die Gesetze des Pokals gelten nicht nur beim Fußball, sondern ebenso beim Schachsport. Jeder Gegner muß erst besiegt werden. Der ESV trat mit Siegfried Müller am Brett 1  mit den weißen Steinen, an den Brettern 2 und 3 Jan Grube und Vera Latka mit Schwarz und am Brett 4 Joachim Grube wieder mit Weiß.
Nach verhaltenem Beginn an allen Brettern entwickelten sich bei den Partien der beiden Grubes extrem verzwickte Stellungen, die ein Höchstmaß an Konzentration und Berechnungstiefe verlangten. Dabei wurde auch entsprechend Bedenkzeit verbraucht, was sich später rächen sollte. Müllers Gegner versuchte dagegen, mit den schwarzen Figuren rasch zu vereinfachen und eine Remisstellung zu erzeugen. Um die festgefahrenen Strukturen zu lockern, opferte Müller eine Qualität gegen einen Bauern, um auf diese Art einen Angriff zu erreichen. Eine daraus resultierende Remismöglichkeit ignorierte der Stadtilmer Spieler dann allerdings, da er sich durch den leichten Materialvorteil sicher und überlegen fühlte. Vera Latka versuchte, ihrem jugendlichen Kontrahenten mit ruhigem und strategischen Spiel in Nachteil zu bringen.
Nach drei Stunden war noch keine Entscheidung gefallen. Müller fing an, seinen Angriff zu verstärken und Familie Grube kämpfte mit dem Ablauf der eigenen Bedenkzeit und den komplizierten Stellungen. Es kam dann, wie es kommen mußte, beiden Gegnern gelang es, die fehlende Bedenkzeit auszunutzen und Schwächen in die Meininger Stellungen zu bringen. Trotz Jan Grubes Bemühungen mit achtzehn Zügen in fünf Minuten war es zu spät, beide verloren ihre Partien. Nun konnte nur noch ein doppelter Sieg an den verbleibenden Brettern das Weiterkommen sichern. Glücklicherweise werden im Pokal die vorderen Bretter höherwertig eingestuft, was bei Punktgleichheit im Endergebnis hier Lok noch zum Weiterkommen reichen würde. Latka war nun gezwungen, mit Schwarz auf Sieg zu spielen. Durch geschicktes Lavieren gelang es ihr, mit verschiedenen Drohungen einen Stellungsvorteil zu erreichen und schließlich routiniert den vollen Punkt sicherzustellen. Dieser Sieg sollte auch für die kommenden Punktspiele Selbstvertrauen geben. Mittlerweile war auch Müllers Plan aufgegangen, durch sein Opfer eine Angriffsstellung zu erreichen. Obwohl die Verwertung des Vorteils keineswegs einfach zu verwirklichen war, hat sich sein Gegenspieler wohl nicht nur einmal ob der früher möglichen und nun vergangenen Remischance erinnert. Kurz vor Ablauf seiner Bedenkzeit hatte Müller es dann geschafft, den gegnerischen Spitzenspieler zu besiegen.
Letztendlich hat sich der ESV Lok der undankbaren Aufgabe des Favoriten in einer Pokalrunde mit dem 2:2 dank Kampfgeist noch aus der Affäre ziehen können. Aufgrund der Brettwertung rettete sich der Favorit in die 2. Runde. Die dürfte angesichts des Gegners SC Gotha erheblich schwerer werden. Vielleicht gelingt Lok hier aber die Revanche, denn Gotha war in der letzten Saison in einer hochdramatischen Begegnung die Endstation für die Meininger.

Peter Lehmann