Thüringer Landespokal 2005/2006, Runde 1

SV Medizin Erfurt II   - ESV Lok Meiningen I       1,5 : 2,5
ESV Lok Meiningen II   - ZSG GW Waltershausen        2 : 2   (7:3)
Mit den Medizinern aus Erfurt verbinden die Meininger angenehme Erinnerungen. Schon einmal konnten sie vor einige Jahren überraschen und den Favoriten aus dem Pokal kicken. Mit Lehmann (Brett 1), Rößner (2), Latka (3) und Webel (4) reiste auch dieses Mal eine gute Besetzung in die Landeshauptstadt. Allerdings wurde bereits beim Verlesen der Aufstellungen angesichts der durchweg oberligaerfahrenen Gegnerschaft klar,  dass eine Wiederholung des damaligen Ergebnisses nicht zu erwarten sei. Zu groß war der papiermäßige Leistungsunterschied von durchschnittlich knapp 230 Leistungspunkten. Somit war auch klar, dass die Meininger die Sache ganz locker angehen konnten, es gab eh nichts zu verlieren.
Bei Lehmann sah es nach einer Stunde sehr ausgeglichen aus. Sein Gegner begnügte sich vorerst damit, mit den schwarzen Steinen keine übergroßen Aktivitäten zu zeigen. Ein Verhalten, was der typischen Pokalarithmetik entspricht: vorn mit Schwarz erst mal Remis sichern, die Weißspieler an den Brettern 2 und 3 die Punkte holen lassen und für den Fall, dass das nicht funktioniert noch genügend eigenes Potential vorhalten.. Allerdings war von Punkte-holen für Erfurt so schnell noch nicht zu denken. Rößner hatte wieder seinen Spezialaufbau gewählt, der sehr komplizierte und geschlossene Stellungen erzeugt. Gegenseitiges Belauern und die Chance auf einen Angriff suchen, lautete hier die Devise. Auch an Brett 3 sah es für die Meininger gut aus. Latkas Gegner hatte die ganze Angelegenheit wohl etwas unterschätzt und kämpfte eher selbst um den Ausgleich. An Brett 4 schließlich scherte sich Webel nicht im Geringsten um die Verteilung der Favoritenrolle. Statt auf seinen Gegner zu warten, setzte er auf eine aggressive Eröffnungsvariante mit entgegengesetzten Rochaden. Darauf war sein Gegenüber offenbar überhaupt nicht drauf vorbereitet und kam kräftig in die Defensive.
Dieses in Summe sehr erfreuliche Bild änderte sich allerdings. Als Lehmanns Gegner zu sehr auf seine Routine setzte und mit einigen ungenauen Zügen Lehmann geradezu einlud, hier Aktivitäten zu zeigen, nahm dieser die Gelegenheit dankend an. Zug für Zug erhöhte sich der Druck auf die schwarze Stellung. Sichtlich entnervt probierte der Erfurtern dann, endlich Gegenspiel zu erreichen, wählte aber einen vollkommen ungeeigneten Zug, verlor eine Qualität und war damit eigentlich schon verloren. Inzwischen spielte Latkas Gegner all seine Routine aus. Am Ende des Mittelspiels gelang es ihm, einen Bauern zu fangen und vermeldete bald darauf das 1:0, was aber nur einige Minuten später durch den Sieg von Lehmann ausgeglichen wurde. Dank des in Pokalspielen für die Brettwertung wichtigen Punktes an Brett 1 war Erfurt nun gezwungen, aufs Ganze zu gehen. Als Rößners Stellung zwischenzeitlich etwas defensiv erschien und auch noch ein Bauer verloren ging, schöpften die Erfurter wieder Hoffnung. Doch Rößners Gegenspiel war gefährlicher als es erst aussah. Nach einer großen Schlacht im Mittelspiel konnte Rößner in Ruhe ein schönes Endspiel Dame-Turm gegen Dame-Läufer sicher zum Sieg führen. Somit war schon jetzt die Überraschung gelungen. Meiningen war weiter. Erfurt war draußen. Angesichts dieser traumhaften Entwicklung und einer drohenden Zeitnotphase bot Webel schließlich trotz deutlicher Stellungsvorteile seinem Gegner Remis an, was dieser sichtlich erleichtert umgehend akzeptierte. Im Gegensatz zur konzentrierten Hinfahrt war die Stimmung heimwärts exzellent, besonders als dann noch das nicht minder erstaunliche Resultat der zweiten Mannschaft bekannt wurde.
Für die 2. Runde sind die Kräfteverhältnisse nicht so eindeutig verteilt. Landesklassevertreter Gotha ist zwar Favorit, war in den letzten Jahren aber schon mehrmals Kontrahent der Meininger. Alle Vergleiche verliefen stets sehr spannend und nicht immer hieß der Sieger Gotha.

Die 2. Mannschaft hatte eine Auswahl des ZSG Grün-Weiß Waltershausen zu Gast. Eine schier unlösbare Aufgabe stand bevor. Waltershausen spielt in der Thüringenliga, also drei Klassen höher als die zweite Garnitur von Meiningen. Die Meininger konnten somit ohne Druck und ungezwungen die Favoriten kommen lassen. Nach ca. 1,5 Stunde standen alle Partien zunächst ausgeglichen. Dann hatte Grundei in einer durchaus vernünftigen Stellung an Brett 4 einen Black-out und vergab eine Figur, so dass die Partie vorzeitig entschieden war.
Seifert an Brett 3 kam sehr gut aus der Eröffnung heraus und hatte im Mittelspiel gute Chancen, die Partie für sich zu entscheiden. Er hatte zwar einen Bauern verloren, der war aber durch die bessere Stellung kompensiert. Seifert, an diesem Tag durch einen Infekt nicht ganz fit, gab dann aber sukzessive seinen Stellungsvorteil ab und somit war die Partie im Endspiel nicht mehr zu halten. Jetzt stand es 2:0 für Waltershausen. Das Schicksal schien schon besiegelt.
Indessen hatte Hartmann an Brett 2 seine äußerst schwierige Partie in einer langwierigen und zeitaufwendigen Eröffnungsphase und Mittelspiel zu einem Stellungsvorteil forciert und es schien, dass der gebildete Freibauer entscheidend sein könnte. Der Ehrenpunkt war in greifbare Nähe gerückt.
Schmidt hatte es am Spitzenbrett mit den schwarzen Steinen mit einem äußerst schweren Gegner zu tun gehabt. Immerhin führt sein Gegenüber den Titel eines Internationalen Fernschachmeisters. Eröffnung und Mittelspiel wurden fehlerfrei absolviert. Im 27. Zug machte sein Gegner den entscheidenden Fehler. Schmidt konnte einen Bauer erobern. Diesen kleinen Materialgewinn nutzte Schmidt konsequent, um dann im Endspiel Läufer gegen Springer, nach insgesamt knapp 5 Stunden den Sieg sicher nach Hause zu bringen.
Gut eine halbe Stunde zuvor konnte Hartmann dank seiner Beharrlichkeit, seine Partie im 34. Zug siegreich beenden. Das Unmögliche ist eingetreten. Die 2. Mannschaft von Lok Meiningen hatte gleichgezogen zum 2:2. Aufgrund der besseren Brettwertung zogen die Meininger in die zweite Runde ein. Wieder einmal hat die 2. Mannschaft gezeigt, dass ihr guter Mannschaftsgeist und ihre entschlossene Kampfmoral zu guten Ergebnissen führen können. Mit Empor Erfurt steht der nächste Landesligist auf dem Programm, der schon so gut wie sicher als Aufsteiger in die Oberliga feststeht…