Thüringer Landespokal 2019, Runde 1
SC Rochade Leinefelde -
ESV Lok Meiningen 3
: 1
Nachdem die
Ligasaison mit dem bitteren Abschied ja alles andere als
glücklich verlaufen war für die Schachspieler des ESV Lok,
hofften die Meininger Brettkämpfer wenigstens im Landespokal
einmal wieder einen Erfolg zu erringen. Doch schon bei der
Auslosung wurde klar, dass sich die Schachgöttin Caissa wieder
nicht den Theaterstädtern zugewandt hatte. Im fünften Jahr in
Folge eine stärkere Mannschaft und zum dritten Mal
hintereinander eine weite Auswärtstour: SC Rochade Leinefelde.
Dass die Gastgeber ziemlich sicher mit ihrer stärksten
Aufstellung ins Rennen gehen würden, zeigte ein Blick in die
Pokalstatistik.
Dennoch fand
sich mit Peter Lehmann (Brett 1), Jan (2) und Paul Grube (3) und
Frank Jörges (4) eine achtbare Streitmacht zusammen, um
vielleicht doch an der Überraschung schnuppern zu können. Nach
Verkündung der Aufstellungen (im Pokalmodus am Spieltag von den
Mannschaften frei zu entscheiden) war dennoch klar, dass die
Meininger nur als deutliche Außenseiter gewertet werden konnten.
Mindestens 150 Wertungspunkte Vorteil an jedem Brett für
Leinefelde. Trotzdem ließen sich die Gastgeber nicht auf
spannende, chancenverteilte Varianten ein, sondern begannen
äußerst solide, scheuten das Risiko. Offensichtlich wurde hier
spekuliert, dass möglicherweise drei Unentschieden und einem
Sieg zum Weiterkommen reichen würde. Und dass ein Spieler mit
fast 1900 Punkten gegen den 12-jährigen Paul Grube (ca. 1300
Punkte) gewinnen würde, schien von vornherein klar. Den Gästen
blieb also nichts weiter, als zu versuchen das hohe Niveau
mitzuspielen und bei Gelegenheit ihre Chance zu suchen, ohne in
das sprichwörtlich offene Messer zu rennen.
Erfreulicherweise
konnten die drei Erwachsenen auch bis weit ins Mittelspiel die
Partien sehr ausgeglichen gestalten. Lediglich bei Paul schien
sich eine frühzeitige Entscheidung anzudeuten, als es dem
Leinefelder Spieler gelang, die Bauernstruktur des Jungen durch
ein geschicktes Abtauschmanöver stark zu schwächen. Doch der
Meininger Nachwuchsspieler ist erfreulicherweise mit einem guten
Durchhaltevermögen ausgestattet. Immer wieder gelang es ihm, mit
klugen Zügen, seinem Gegenüber neue kleine Herausforderungen zu
stellen. Dem Berichterstatter fiel in diesem Zusammenhang in
Erinnerung an Berti Vogts das Wort „Wadenbeißer“ ein. Der
Leinefelder, der wohl innerlich schon mit der Partie
abgeschlossen hatte, wurde immer nervöser, verbrauchte viel Zeit
und beging dann in Zeitnot tatsächlich mehrere Fehler und
plötzlich war die Partie wieder ausgeglichen. In der
Zwischenzeit hatten sich sowohl Jörges als auch Lehmann mit
ihren Kontrahenten auf Remis geeinigt. Beide hatten keine
Schwächen gezeigt und sich somit das Ergebnis redlich verdient.
Und so kam es, dass die Gäste plötzlich sogar einen kleinen
Hoffnungsschimmer auf das Weiterkommen hegen konnten, da die
Partie von Grube Senior noch vollkommen offen war.
Doch leider
sollte sich im weitern Verlauf herausstellen,
dass die versuchte Verteidigung eines gewonnenen Bauern dem
Gegner zu große Angriffswucht ermöglichte. Der konnte Grube dann
nicht mehr standhalten. Er musste kapitulieren und die Gastgeber
gingen mit 2:1 in Führung. Da aufgrund des Wertungssystemes die
vorderen Bretter eine höhere Feinwertung bekommen, war klar,
dass selbst ein Ausgleich durch Grube Junior für die Meininger
nicht mehr reichen würde. Dieser hatte mittlerweile sogar ein
leichtes positionelles Übergewicht erreicht. Das veranlasste den
Leinefelder Spieler sogar dazu, Remis zu bieten. Ein schöner
Erfolg für Grube. Doch dieser wollte dann Alles und lehnte das
Angebot ab! Sehr zur Freude seiner Mannschaftskameraden, die
sich sehr über den Mut des Jungen freuten. Auch wenn dann
letztendlich das Happy End ausblieb, da Paul in dem schwierigen
Endspiel einmal fehlgriff und die Partie doch noch verlor. Den
moralischen Punkt konnte ihm jedoch keiner mehr abnehmen. So kam
es letztendlich, dass die Meininger trotz der Niederlage
keineswegs niedergeschlagen die Heimreise antraten.
Und vielleicht
gibt es ja in 2020 endlich mal wieder ein Heimspiel, vielleicht
sogar mit einem etwas einfacheren Gegner…