14. Stadtmeisterschaft Bad Neustadt / 4. Rhön-Open

Wie immer zum Jahreswechsel fand auch Ende 2002 wieder das traditionelle siebenrundige Turnier des Schachklubs Bad Neustadt statt, zum 4. Mal ausgetragen als Rhön-Open. Wie im Vorjahr hatte sich ein interessantes Starterfeld mit 67 Teilnehmern eingefunden, angeführt vom Titelverteidiger, dem Internationalen Meister Zbigniew Ksieski aus Polen. Ernsthafte Ambitionen auf den Gewinn des Wanderpokals konnten noch der mehrmalige Gewinner Fidemeister Wolfgang Riedel aus Gräfelfing und die Internationale Frauenmeisterin Irina Zakurdjaeva anmelden. Die junge aufstrebende Sportstudentin aus Moskau verbringt derzeit ein Semester in Deutschland und nahm zum ersten Mal teil. Als exotische Beimischung fand sich im Feld unter anderen auch ein starker Spieler aus der Dominikanischen Republik, Juan Carlo Delgado.
Aus Meiningen nahmen dieses Mal gleich sechs Spieler teil. Mit Frank Jörges, Uwe Rößner, Jan Grube und dem Einzelkämpfer aus dem letzten Jahr Peter Lehmann war die halbe erste Mannschaft vertreten. Dazu kamen noch Wolfgang Oleak und Daniel Seifert. Neben dem Erwerb von Wettkampfpraxis war es natürlich das Ziel, möglichst weiter oben einzukommen, als die eigene Einstufung zu Turnierbeginn auswies.
Bereits in Runde 1 gab es Erfreuliches zu berichten. Grube, Rößner und Jörges siegten erwartungsgemäß, während Lehmann noch nicht richtig im Turnier war und nach dem frühzeitigen Verlust eines Bauern enttäuscht in ein Remis einwilligen musste. Seifert konnte dafür seinen wesentlich besser eingestuften Gegner schlagen und attraktiven Herausforderungen entgegensehen. In Runde 2 treffen die Auftaktsieger bei dem hier angewandten Schweizer System stets auf die Spitze des Feldes. Leider konnte keiner von ihnen für eine positive Überraschung sorgen. Alle Partien gingen erwartungsgemäß verloren. Dafür konnte Oleak den ersten halben Punkt vermelden und Lehmann erkämpfte den einzigen Meininger Sieg gegen einen ehrgeizigen Nachwuchsspieler. In den nächsten beiden Runden konnten Rößner und Jörges sich mit jeweils 1,5 Punkten weiter nach vorne arbeiten. Lehmann stabilisierte sich mit 2 Remis gegen hoch eingestufte Gegner auf gutem Niveau, während Seifert und Oleak immerhin je einen halben Punkt gegen starke Konkurrenz holten. Grube gewann sicher seine Partien gegen die hinter ihm eingestuften Spieler, um dann postwendend wieder von der Spitze distanziert zu werden.
Vor Beginn der kritischen Turnierphase standen damit alle Meininger Kämpen mehr oder weniger dort, wo sie auch laut Einstufung zu Beginn zu erwarten waren. In Runde 5 hatten es Grube und Rößner mit starken Kontrahenten zu tun und konnten auch nicht punkten. Enttäuschter über seine Niederlage war Jörges, der sich trotz Gegenwehr einem Nachwuchsspieler beugen musste. Dagegen konnten Seifert und Oleak mit schönen Siegen dem letzen Turniertag gelassen entgegen sehen. Auch Lehmann gelang es, in einem 5-Stundenkrimi siegreich zu bleiben und sich Chancen auf sehr gutes Abschneiden zu bewahren.
Auch am letzten Turniertag waren noch 2 Runden zu absolvieren. Bei einigen Teilnehmern war bereits deutlich zu spüren, dass die vergangenen 5 Partien nicht ohne Kräfteverschleiß zu bewältigen waren. So musste Lehmann in einer unübersichtlichen Stellung seine Dame gegen 2 Springer geben, was gegen den starken Gegner natürlich nicht zu kompensieren war und dem Traum von einem Spitzenplatz platzen ließ. Nicht viel besser erging es Jörges, der trotz aller Bemühungen über ein unbefriedigendes Remis nicht heraus kam, Rößner verlor gar. Die beiden halben Punkte von Oleak und Seifert dagegen sind als Erfolg zu werten. Schließlich wurde die Schlussrunde eingeläutet. Jörges konnte sich nach seinem anstrengenden Vormittagsmatch eine solide Stellung erarbeiten, in der das Remis nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien. Durch eine überraschende Kombination, in der sein Kontrahent mit seiner Dame einen gedeckten Turm schlagen und gleichzeitig mit Matt drohen konnte, ging die Partie noch verloren und Jörges musste mit unbefriedigenden 3 Punkten die Heimreise antreten. Auch Seifert verlor, was in Anbetracht des vereinsinternen Duells gegen Grube keine Überraschung war. Sein Gesamtergebnis von 3 Zählern ist insgesamt ein sehr schöner Erfolg, der sich im Gewinn von einer Menge DWZ-Punkten niederschlägt. Dies sollte eine Motivation sein, seine guten taktischen Fähigkeiten in der Zukunft durch eine strategisch bessere Spielweise zu ergänzen. Hier ist durchaus noch ein größerer Leistungssprung möglich.
Mit einem Sieg erreichte Rössner die 50-%-Marke und damit ein einigermaßen erträgliches Gesamtergebnis. Oleaks Gegner trat leider nicht an, so dass Oleak seine aufsteigende Form nicht beweisen konnte, er sich aber dafür mit dem Gewinn von insgesamt 20 schönen DWZ-Punkten trösten konnte.
Durch seinen Sieg gegen Seifert konnte sich Grube nun über sehr starke 4 Punkte freuen, passend ergänzt durch eine Verbesserung seiner Wertung und dem Gewinn des Preises seiner Leistungsklasse. Herzlichen Glückwunsch, denn gerade er hatte in der letzten Zeit besonders wenig Wettkampfpraxis, was den Erfolg noch schöner macht. Lehmann hatte es in der Schlussrunde ausgerechnet mit der Breitunger Nachwuchshoffnung, dem ehrgeizigen jungen Kaiser zu tun. Nach einem Fehler des Meiningers in der Eröffnung hatte der junge Breitunger in einem spannenden Match lange die Nase vorn. Lehmann musste sich den Angriffen erwähren. Schließlich hatte man eine stark remisverdächtige Stellung erreicht. In Anbetracht eines stets möglichen Dauerschachs konnte Lehmann es sich leisten, Remisangebote abzulehnen und die Stellung nach eventuellen Gewinnmöglichkeiten auszuloten. Schließlich, nach fast fünfstündigen Kampf, gelang es ihm dank besserer Nerven doch noch einen kleinen, aber entscheidenden Vorteil herauszuspielen und die Partie zu gewinnen. Die erreichten 4,5 Punkte (immerhin genau so viele wie der polnische IM) langten zwar nicht mehr ganz für einen Preis, aber dennoch für eine sehr gute Platzierung.
Den Wanderpokal erringen konnte die junge russische Meisterin Zakurdjaeva, die während der ersten 6 Runden lediglich einen halben Punkt abgab. Auf ihrem erklärten Ziel, einmal als Schachprofi ihre Brötchen verdienen zu wollen, wahrhaftig eine überzeugende Vorstellung. So konnte sie bereits zu Beginn der Schlussrunde ihre Stellung Remis geben und damit den Sieg sichern. Platz 2 ging nach Thüringen. Der Leinefelder Christian Äpfler hatte mit nur einer Niederlage ein überzeugendes Turnier gespielt. Eitel Freude schließlich auch noch bei den Gastgebern, bei denen sich der an 14. Stelle gesetzte Stefan Mock schließlich Rang 3 sichern konnte.

Peter Lehmann